HBRS – Der Umweltsünder von St. Augustin

Die Hochschule Bonn-Rhein-Sieg, Standort St. Augustin: Als ich hier angefangen habe zu studieren, gab es in der Cafeteria Bio-Eistee eines Bonner Herstellers (der echt nice geschmeckt hat…), eine geregelte Mülltrennung und ich Idiot dachte, das Dach sei voll mit Solarpanelen, um den immensen Stromverbrauch der Studios und Hörsäle halbwegs zu kompensieren. Warum Solar? Direkt am Eingang der Hochschule sind einige Solarpanele angebracht, die sich ab 15 Uhr teilweise im Schatten befinden. Warum sollte man hier Panele anbringen, wenn auf dem Dach noch Platz frei wäre? Meine Folgerung: Das Dach ist zugepflastert damit, die wollen nur NOCH mehr herausholen. Auch in den Dachfenstern sind einige Quadratmeter Photovoltaik integriert, dadurch wäre es außerdem kühler, weil weniger Licht durchkäme. Denkste.

Öffentlichkeitswirksam und unrentabel

Ein paar Semester später wusste ich dann auch, was dieser Spaß mit den paar Solarzellen soll: Zeigen, was so möglich ist. „Oh eine Solarzelle in einem Fenster?“ „Ja das geht, es kostet nur mehr und der Wirkungsgrad ist viel schlechter.“ „Oh und selbst an Häuserfronten kann man Solarzellen installieren?“ „Ja, lohnt sich zwar wegen dem Schatten nur an seeehr wenigen Wänden, ABER es funktioniert und sieht modern aus!“DSC_0304

HBRS, 14:32: Der Schatten beginnt jetzt nach rechts zu wandern. Quelle: Umweltmotzer (Handykamera)

Kurz gesagt: Sieht toll aus, bewirkt aber effektiv eigentlich gar nix, schon gar nicht in dieser Größenordnung. Seltsamerweise sind die Solarpanele genau an der Stelle, an denen Gäste die Hochschule betreten (sollen). Ein toller Anblick! Ich habe euch hier auf dem Bild mal die Flächen mit Solarpanelen rot markiert und den Eingangsbereich blau:hbrs solar

Dachfläche: Ausgenutzt! Quelle: Google Earth, Umweltmotzer

Restmüll und Papier!

Ein normaler Haushalt in NRW hat vier Mülltonnen. Gelb, Blau, Grün und Schwarz, jede mit einer anderen Funktion.  Im besten Fall wird der Inhalt recycelt, im schlechtesten Fall für die Verbrennung vorsortiert. Die wichtigste dieser Tonnen ist die Gelbe: Kunststoffe und Metall, der feuchte Traum eines Recyclingunternehmers. Und genau diese Tonne gibt es in der Hochschule Bonn-Rhein-Sieg nicht (mehr!). Und das obwohl Mülltrennung wohl die billigste und einfachste Methode für Umweltschutz ist.

„Restmüll – Papier – Papierbecher“

Noch vor zwei Jahren gab es in der ganzen Hochschule diese „Dreier-Mülleimer“, bei denen in Plastik, Papier und Restmüll unterschieden wurde. Der Unterschied zwischen Restmüll und Plastikmüll ist sehr leicht: Restmüll wird definitiv verbrannt, Plastikmüll kann noch recycelt werden. Heute aber stehen auf den drei Mülleimern die Worte „Restmüll – Papier – Papierbecher“ WTF?! Der Witz dahinter: Um Müll zu vermeiden (!) gibt es seit einiger Zeit einen Becherpfand für Papierbecher. Diese kosten jetzt 10 Cent oder so („Umweltaufschlag“) und können an einem eigens dafür angeschafften (!!) Papierbecher-Pfand-Automaten wieder eingelöst werden. Seltsamerweise wurden in der gleichen Woche alle „Der Grüne Punkt“-Aufkleber auf den Mülleimern mit „Papierbecher“ überklebt! (Kein Scheiß!).eimerwahnsinn

Überklebt und abgeschafft: Der Grüne Punkt. Quelle: Umweltmotzer (Handykamera)

Folge: Wer Plastikmüll hat, wirft diesen jetzt in den Restmüll. Wer einen Papierbecher hat, gibt den entweder zurück, oder stellt ihn AUF den Mülleimer, damit sich der Flaschensammler (Ja, wir haben einen eigenen Flaschensammler, weil so viele Pfandflaschen auf dem Gelände landen) den Becher holen kann ohne in den Mülleimer greifen zu müssen! Wir haben jetzt also zwei Papiermülleimer (wovon einer immer leer ist) und einen für Restmüll… Und das ungefähr 40 mal in der Hochschule verteilt!! Die Idee dahinter ist übrigens: Weniger Restmüll produzieren… Auf den ersten Blick klingt „wir haben sogar Pfand auf Papierbecher“ ganz logisch, die Umsetzung ist jedoch..total verkackt 😀

E-Flitzer für die Profs

Ja, verdammt wir haben sogar eine Elektroautoladestation (was ein Wort…), dazu passend natürlich auch ein Elektroauto. Dieses steht jetzt eigentlich jeden Tag eingesteckt an der Steckdose. Gedacht ist der BMW i3 dafür, dass die Mitarbeiter der Hochschule damit nach Rheinbach (2. Campus unserer Hochschule) fahren können OHNE die öffentlichen Verkehrsmittel oder ihren Privatwagen benutzen zu müssen. Das ist ungefähr so sinnvoll wie Solarpanele in den Schatten zu hängen: Die Co2 Bilanz des Autos leidet mit jeder Sekunde in der es nicht gefahren wird, die Wartung muss trotzdem bezahlt werden und in zehn Jahren hat die Karre dann die ersten 5000 km auf der Uhr… Direkt neben der E-Tankstelle befindet sich auch eine Aufladestation für E-Bikes, auch wenn ich auf dem ganzen Campus noch keines gesehen habe. Kosten insgesamt: ca. 30.000 Euro, ohne Auto. In einem Artikel der Hochschule über das E-Auto wird das Wort „nachhaltig“ übrigens neun mal verwendet, in vier Absätzen… Man könnte es ja überlesen!!

Zu guter Letzt: Der Eistee!!

Tee Gschwender Bio-Eistee, ein wahrhaft leckeres Gesöff, in der Region hergestellt und im „Coffe-In“ für 1,50 € oder so verkauft…Bis auch dieser vor ungefähr einem Jahr durch „Nestea“ ersetzt wurde. Jeder kennt Nestea: Keine Ahnung wer diesen Kram als Eistee bezeichnet! Es ist nicht mal Tee drin! Dafür:  Pfirsichsaft aus Pfirsichsaftkonzentrat (0,1%), löslicher Tee-Extrakt (0,09%). Vielen Dank dafür!! Dieser kostet dann natürlich noch 1,90 € plus 25 Cent Pfand, warum auch für so Billigscheiß weniger bezahlen?! Steht ja Nestlé drauf, DER KONZERN wenn es um Umweltbelange geht.

Kurz gesagt: Es wird viel über Umwelt und Nachhaltigkeit geredet, gemacht wird eigentlich nichts. Hier findet sich eine tolle Liste wie „nachhaltig“ die Hochschule ist:

  • Lichtsteuerung und LED-Technik?! Nie gesehen! Neonröhren überall!
  • Auch im Innenausbau wurde darauf geachtet, dass keine gesundheitsgefährdenden Materialien eingesetzt werden. Und das ist bereits „nachhaltig“?!?! Wenn mein Campus mich NICHT krank macht ist das also etwas besonderes?
  • Dach- und Fassadenbegrünung: Tatsächlich, auf einer sehr kleinen Fläche ist das Dach begrünt, ihr seht es ja auf dem Bild oben. Betreten darf man diese Flächen natürlich nicht.

Ein Blick auf den Energieausweise der Hochschule zeigt ein etwas anderes Bild:DSC_0308

Genau hinschauen: Heizung und Warmwasser zählen zu „Stromverbrauch“ Quelle: Umweltmotzer, (Handykamera)

Nicht verwirren lassen: Der „Heizenergieverbrauchskennwert“ ist zwar relativ niedrig, gebaut wurde das Gebäude jedoch mit den Standards von 1996, also als „Wärmeffizientes Bauen“ sowieso noch ein Fremdwort war. Außerdem geht der Verbauch der Heizung in die Stromkosten mit ein, der obere Wert bezieht sich also wirklich nur darauf, wie gut die Hochschule die erzeugte Wärme „behält“, nicht wie effizient diese hergestellt wird…
Lasst euch von den gestochen scharfen Bildern nicht erschrecken, ich wollte natürlich undercover bleiben 😉

Bis dahin

 

Eure Umweltmotzer